Friedhofsgärtner in NRW mit Aktion „Gegen das Vergessen“
Neun Monate nach dem Hochwasser ist von „Normalität“ noch keine Spur.
In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 kam das Hochwasser mit verheerenden Auswirkungen. In Deutschland beklagte man über 180 Todesopfer, davon nahezu 50 in Nordrhein-Westfalen. Ganze Regionen, Städte und Dörfer wurden völlig zerstört; die Schäden liegen in Milliardenhöhe.
Wir alle haben die erschreckenden Bilder in den Nachrichten mitverfolgt. Die Welle der Solidarität war enorm. Doch was ist mit den betroffenen Regionen heute? Ein Winter später, diverse Corona-Meldungen und -Maßnahmen später, ein unglaublicher Kriegsbeginn in Europa später - es sind neun Monate vergangen seitdem die Fluten ganze Existenzen zerstört haben.
Die Friedhofsgärtner, die Mitglieder der Rheinischen Treuhandstelle sind, möchten jetzt mit einer symbolischen Aktion die Menschen vor Ort unterstützen. „Wir haben uns schon gedacht, dass die Schnelllebigkeit unserer Zeit, vieles in den Hintergrund rücken lässt.“, meint Martin Walser, Geschäftsführer der Rheinischen Treuhandstelle für Dauergrabpflege GmbH mit Sitz in Köln. „Die Hilfsbereitschaft unserer Mitgliedsunternehmen war direkt nach der Katastrophe schon sehr groß. Viele haben den Kollegen vor Ort geholfen Betriebe und Friedhöfe wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen.“, führt Martin Walser weiter aus.
Friedhofsgärtner mit helfenden Händen.
In Nordrhein-Westfalen sind die Friedhöfe an der Ahr weitestgehend verschont geblieben. Die Friedhöfe in Ahrdorf und Ahrhütte liegen topographisch etwas höher. „Es ist wie ein kleines Wunder“, meint eine Mitarbeiterin des verantwortlichen Friedhofsamtes in Blankenheim. Das Städtchen Gemünd in der Eifel und die umliegende Region hatte kein so großes Glück. Eine Flutwelle aus Hallental raste am Abend des 14. Juli 2021 über die Region hinweg, verwandelte die kleinen Bäche Olef und Urft in reißende Gewässer und hinterließ eine Schneise der Zerstörung. Die Innenstadt von Gemünd wurde völlig zerstört, ebenso der Friedhof in Gemünd und die Betriebsstätte der Friedhofsgärtnerei Geschwind. In kürzester Zeit erreichte das Wasser eine Höhe von knapp drei Metern auf einer Fläche von ca. 20 Quadratkilometern.
„Alles war unter Wasser“, sagt Dietmar Geschwind, der Inhaber der familiengeführten Friedhofsgärtnerei. „Die vier Transportfahrzeuge und alle anderen Fahrzeuge, alles an elektrischen Kleinwerkzeugen, die Gärtnerei - alles zerstört! Wenn man das nicht selbst miterlebt, kann man es nicht glauben!“, führt er weiter aus. Am nächsten Tag ging es direkt an die Aufräumarbeiten. Über 50 freiwillige Helfer haben mit teils schwerem Gerät geholfen, den Schlamm, Bäume, Wurzelwerk und anderen Unrat zu entfernen. Der Friedhof Gemünd in Schleiden hatte ebenfalls schwere Schäden. „Der Anblick war unglaublich!“ führt Dietmar Geschwind aus. Wir haben hier so viele Kunden für die wir die Dauergrabpflege ihrer Angehörigen übernommen haben, dann diese Zerstörung!“, schüttelt er den Kopf. Nur durch die sofortige und effiziente Hilfe von Bundeswehr, THW und freiwilligen Helfern, wurde der Friedhof innerhalb von weniger als 14 Tagen wieder in einen akzeptablen Zustand gebracht. „Anschließend haben Mitarbeiter vom Schifffahrtsamt in Kiel und Kollegen von einer Friedhofsgärtnerei aus dem Niederrhein geholfen, die Gräber unserer Kunden wieder herzurichten.“ sagt Dietmar Geschwind. „Keine drei Wochen nach der Katastrophe, waren die Gräber wieder in ihrem ursprünglichen Zustand“, berichtet Geschwind und man hört etwas Stolz in seiner Stimme.
Auch im Ahrtal wurden viele Friedhöfe zerstört. Es schien selbstverständlich, dass sich viele Friedhofsgärtnerkollegen aus Nordrhein-Westfalen sofort nach der Katastrophe auf den Weg ins Ahrtal gemacht haben, um zu Helfen. Mitgliederunternehmen aus Westfalen, dem Ruhrgebiet und aus dem Münsterland, haben sich bei drei Friedhofsgärtnereien vor Ort eingebracht und diese beim Wiederaufbau unterstützt. Dabei war es den Friedhofsgärtnern besonders wichtig, die Gräber auf den Friedhöfen wieder herzurichten. Eine besondere „Blumen- und Pflanzenaktion“ erfuhr am Rosenmontag 2022 der vom Unglück stark betroffene Ahrtorfriedhof in Bad-Neuenahr Ahrweiler. „Es war berührend, diese Unterstützung und Solidarität unter den Friedhofsgärtnern mitzuerleben“, sagt Martin Walser, Geschäftsführer der Rheinischen Treuhandstelle.
Rheinische Treuhandstelle mit symbolischer Spende.
Seit über 55 Jahren pflegen die Mitgliedsunternehmen der Rheinischen Treuhandstelle für Dauergrabpflege GmbH auf über 1.000 Friedhöfen in der Region liebevoll die individuellen Gedenkstätten ihrer Kunden. Die Aufnahme der deutschen Friedhofskultur zum immateriellen Kulturerbe im Jahr 2020 zeigt einmal mehr die Bedeutung des Friedhofs als wichtigen Ort der Trauer und Kultur. Die Friedhofsgärtner der Rheinischen Treuhandstelle, bei denen es sich meistens um familiengeführte mittelständische Unternehmen handelt, tragen mit ihrem gärtnerischen Beitrag, mit ihren "Gärten der Erinnerung", besonders zum Bild auf den Friedhöfen in der Region bei „Das ist unser Ansatzpunkt“, sagt der Geschäftsführer Martin Walser und führt aus: „Vor einigen Jahren haben die Treuhandgesellschaften für Dauergrabpflege die Werbekampagnen: „Raum für Erinnerungen“, „Es lebe der Friedhof“ oder „Licht gegen das Vergessen“ als Slogan kommuniziert.“
Die Rheinische Treuhandstelle für Dauergrabpflege möchte aus diesem Grund dem Partnerbetrieb, der Friedhofsgärtnerei Geschwind, sowie den Gärtnerkollegen in Bad Neuenahr-Ahrweiler, jeweils 500 lila Kerzen spenden. Diese Spende soll an die Kunden in der Region verteilt werden und mit ihrem Licht symbolisch gegen das Vergessen beitragen.
Hier geht es zum Text: Pressetext
Foto (Quelle: Gärtnerei Geschwind) in Originalgröße: Friedhof Gemünd
Foto (Quelle: Gärtnerei Geschwind) in Originalgröße: Gärtnerei Geschwind
Foto (Quelle: Bruno Vinschen) in Originalgröße: Symbolfoto Kerzen
Abschied nehmen in Zeiten der Pandemie
Bundespräsident Steinmeier hat für den 18. April 2021 einen Gedenktag für die Verstorbenen der Corona-Pandemie ausgerufen.
Der Fachverband Friedhofsgärtner im Landesverband Gartenbau NRW begrüßt den Einsatz des Bundespräsidenten für die Verstorbenen und Angehörigen sehr und hat deshalb zum Gedenktag die Aktion „Licht gegen das Vergessen“ initiiert. Diese wird aktiv von den Treuhandstellen für Dauergrabpflege im Rheinland und Westfalen-Lippe unterstützt.
Die Möglichkeiten in der Pandemie zu trauern sind stark eingeschränkt. Nur der engste Familienkreis darf an der Trauerfeier teilnehmen und tröstende Umarmungen sind nicht möglich. Oft konnten Hinterbliebene den Sterbenden nicht in den letzten Stunden begleiten. Ein einsamer Weg für die Sterbenden aber auch Angehörige. Der ohnehin schon schwere Trauerprozess wird so noch schwerer, denn auch die Trauergemeinschaft fällt in Pandemiezeiten weg. „Hinzu kommt die schwere Entscheidung, wer darf dazu und wer nicht.“ Das ist eine immens belastende Situation, die so viele Menschen erleben mussten und müssen. Wir Friedhofsgärtner möchten deshalb die Trauer aus dem Verborgenen holen und unterstützen deshalb den von Bundespräsident Steinmeier initiierten Gedenktag mit unserer Aktion „Licht gegen das Vergessen“, so Martin Walser, Geschäftsführer des Fachverbandes der Friedhofsgärtner im Landesverband Gartenbau NRW.
Die beiden großen flächendeckend arbeitenden Treuhandstellen für Dauergrabpflege der Friedhofsgärtner im Rheinland und Westfalen-Lippe unterstützen diese Aktion aktiv und haben den Betrieben lilafarbene Kerzen zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um sogenannte Vier-Tagesbrenner, die teils schon am Vorabend an exponierten Stellen auf den Friedhöfen aufgestellt werden.
Als Orte der Erinnerungen sind Friedhöfe besonders wichtig, was auch die UNESCO mit der Anerkennung als immaterielles Kulturerbe unterstreicht. Es geht um Trauern, Erinnern und Gedenken an die Verstorbenen, aber auch um kulturelle und soziale Aspekte unserer Trauerkultur mit Ritualen in der Gemeinschaft, die uns das Abschiednehmen erleichtern. Trauer in Corona-Zeiten ist oft einsam. Mit dem vom Bundespräsidenten initiierten Gedenktag holen wir die Trauer aus dem Privaten und können so ein Zeichen in der Gemeinschaft setzen, als Anerkennung der Last, welche Hinterbliebene zurzeit erleiden müssen.
Der Fachverband der Friedhofsgärtner setzt sich zudem bei den Friedhofsträgern aber auch Kirchen dafür ein, nach einem abflauen der Pandemie, nochmals die Möglichkeit von Trauerfeiern in Kirchen und Kapellen den Angehörigen kostenfrei zu ermöglichen.
Hier geht es zu der Presseinformation: Presseinformation "Licht gegen das Vergessen"